Die Geschichte des Gutes Wilknitt

Die Gutskarte 1:4000 von 1906
Die Gutskarte 1:4000 von 1906


 

 


Die Geschichte Wilknitts läßt sich bis in die prußische Zeit zurückverfolgen. Das Gründungsjahr ist nicht bekannt, wohl aber wird Wilknitt 1336 als Grenzort Wylkeniten erwähnt. Der Name leitet sich aus dem Prußischen her und bedeutet etwa Wolfsbau. Im alten Wilknitt saßen prußische Freie, wie auch im angrenzenden Splentienen (auch: Sprentin) und benachbarten Wohlau. 1346 wird Wilknitt erstmalig als Dorf benannt; damals war es rund 336 Hektar groß. 1427 saßen dort, so wird berichtet, 8 Freie auf rund 552 Hektar. Diese prußischen Freien mußten Abgaben leisten, die von zuständigen Schulzen oder Ratmann einzuziehen und über nachgeordnete Ämter mit dem Ordensamt Balga abzurechnen waren. So lesen wir vom Ratmann von Pawstnicken, der 1427 in diesem Wilknitter Nachbarort saß. In einer Quelle aus dem Jahr 1455 finden wir dann noch einmal Wilkenithe-Pausteniken erwähnt. Pawstniken wird danach als Ort nicht mehr genannt. Im Laufe der Zeit wurden aus Wilknitt, Wohlau und wohl auch Splentienen deutsche Zinsdörfer. Es ist überliefert, daß die Einwohner Wilknitts 1508 den wüsten ehemaligen Freihof Splentienen (rund 67 Hektar) von Klaus von Bach, Hauskomtur in Balga, für 40 Mark kauften, weil sie nicht genug Weideland hatten. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wollte dann der zuständige Amtshauptmann das Wilknitter Splentienen polnischen Siedlern übergeben. Darüber beschwerten sich die Wilknitter beim Herzog. Die Tatsache, daß der Freienhof Splentienen verlassen worden und verödet war, ist dem Jahrhundert der Söldnerkriege (1440-1525) zuzuschreiben, insbesondere gegen Polen.

 

Wilknitt kam dann in Adelsbesitz. Die Namen vieler Wilknitter Vorbesitzer sind nicht mehr bekannt, nur wenige sind überliefert: Sicher scheint, daß Hans Groebel (von der Groeben) das Gut und die Mühle Wilknitt besessen und den Besitz am 20.8.1493 an Johannes von Tiefen, Hochmeister des Ordens, zurückgegeben hat. Gründe sollen Landstreitigkeiten mit den ermländischen Nachbarn gewesen sein. 1527 gehörte Wilknitt (Wylckenitten) zum Amt und Kammeramt Balga und wurde dem Hans von Biesenrodt (alias Besenrade) verliehen, der im selben Jahr nach Preußen gekommen war und 1528 Burggraf zu Königsberg wurde. Als er 1529 kinderlos starb, wurde das Gut seiner Witwe Euphemia (die Bosenratische) bis zu ihrem Tode als Leibgedinge überschrieben, so daß sie jährlich aus der Rentkammer ausgezahlt wurde. Die Witwe starb 1556. Zu ihren Besitzungen gehörten ebenso die Güter Schönlinden und Gabditten (Anteilsbesitz) im selben Amt. 1540 saßen adelige Hintersassen auf 21 Hufen in Wilknitt, und auf einer Hufe ein Freier unter adeliger Oberherrschaft. Die grundherrlichen Hintersassen hatten 218 Stück Vieh.

 

1566 war es dann Vitalis von Mosewitz, der sich in den Besitz der Güter Wilknitt und Splentienen setzte, die er später unter dem Namen Wilknitt vereinigte. Es soll ihn damals hundert Gulden Bestechungsgeld gekostet haben. Dieser neue Wilknitter Herr hatte 1540 Anteile des Gutes Hohenwalde und das Pfandgut Gerlachsdorf besessen. Obgleich die Nachkommen verbriefter Kölmer auf Wilknitt mit Mühle und Splentienen saßen, gelang es Mosewitz, sie im Lauf der Zeit zu entrechten und zu vertreiben. Nicht nur Bestechung, sondern auch Entführung, Folter, Erpressung, Raub und Mißachtung behördlicher Anordnungen waren seine Methoden. Er konnte auch nur deshalb Erfolg haben, weil er mit korrupten Leuten verbündet war. Wohl der einzige Freie, der sich von Mosewitz nichts bieten ließ, scheint der Nachbar in Bartken gewesen zu sein. Als der Wilknitter daran ging, sich das an der Warnau gelegene Noedrige Feld anzueignen, brachte der Bartkener Mosewitz in Balga vor Gericht. Darauf hin wurde Bartken neu vermessen, und der Freie bekam 1589 Recht. Eine Urkunde im Heiligenbeiler Heimatmuseum, von Adolf Roß, Bartken, dorthin ausgeliehen und heute verschollen, belegt dieses Urteil gegen Mosewitz. Für einen tüchtigen Ritterdienst mit Pferd, Mann und Harnisch hatte ihm 1566 Markgraf Albrecht der Ältere 16 Huben Wilkenitten und 4 Huben Splentienen nach Mageburgischem Recht verliehen, samt den Gerichten groß und klein, Straßengericht ausgenommen. Ihm folgten zwei Heinrich Mosewitz. Die Mosewitz saßen noch 1629 auf Wilknitt. Obgleich Wilknitt 1580 als Pfandgut des Herzogs bezeichnet worden war, haben es die Mosewitz verstanden, sich auf dem Gut zu halten.  Aus der Folgezeit ist bekannt, daß während des ersten schwedisch-polnischen Kriege (1626-1635) die Gegend nahe der ermländischen Grenze verheert worden ist. Es sieht danach aus, als hätten die Mosewitz dadurch ihre Besitzungen verloren.

 

Die Mühle Wilknitt stand zeitweise leer. Um 1629/30 gehörten sie und die Schneidemühle Friedrich Burggraf zu Dohna. Um 1635/36 werden Achatius Burggraf zu Dohna der Jüngere als Besitzer der Mühle und Jonas von Kannacher als Herr auf Wilknitt und Splentienen genannt. Letzterer erwarb alsbald auch die Mühle. In den folgenden Jahren saßen Thomas Hector von Kannacher auf Wilknitt und Splentienen nebst der Mühle. Hans Hector verkaufte den insgesamt 22 Hufen großen Besitz am 15. August 1660 für 10.000 Gulden an Caspar von Hohendorff (1619-1682), der ebenfalls Hasselberg erwarb und beide Orte wirtschaftlich vereinigte. Auch waren ihm zwei Huben bei der Mühle Wilckenith verschrieben, wofür 10 Reichstaler im Jahr zu zinsen waren. Hohendorff war brandenburgischer Oberst, Hauptmann der Ämter Mohrungen und Liebstadt und starb 1682. In der geschwisterlichen Erbteilung von 1695 muss zunächst der jüngste Sohn, Major Abraham von Hohendorff (1665-1727), die Wilknitt-Hasselbergschen Güter zum Preis von 30.250 Gulden und Jäcknitz nebst Strehlen übernommen haben, um den Besitz letztlich im Erbvergleich vom März 1698 mit recht hohen Erbschulden an seinen Bruder Gottfried von Hohendorff (1664-1732) abzutreten. Nach ihm wurde Capitain Gottfried von Hohendorff, der ältere Bruder, Eigentümer. Gottfried von Hohendorff wird als Seiner Königlicher Majestät In Engellandt wollmeritierter Capitaine und Hauptmann im Keppelschen Regiment in den Vereinigten Staaten der Niederlande überliefert. Als er am 22. Dezember 1727 sein Testament verfasste, vermachte er seiner Ehefrau Helene Luise die Wilknitt-Hasselbergschen Güter, von denen Hasselberg seit 1710 verpfändet war. Am 10.01.1729 wurden das Gut Wilknitt, das Vorwerk Splentienen und die Mühle für 600 Reichstaler jährlich auf 6 Jahre an Friedrich Noah Jourdan verpachtet. In den folgenden Jahren verlor die Familie von Hohendorff nicht nur Hasselberg, sondern alsbald auch Wilknitt.

 

Wilknitt wird 1748 als Adliges Gut im Besitz des Hennig Friedrich von Kanitz (1712-1791), Majoratsherr auf Mednicken, genannt. Wilknitt wurde verpachtet, so um 1764 an Carl Ludwig Mohn. Henning Friedrich war kinderlos, er übergab Wilknitt, vermutlich schon vor 1780, an den Tribunalrat Alexander Conrad Ludwig von Kanitz (1714-1788). der Herr auf Podangen (Kreis Preußisch Holland) und Arnau war. 1780 wurde Wilknitt mit 28.000 Reichstalern (bzw. 84.000 preußischen Gulden) veranschlagt; zu dieser Zeit gehörte es zum Kammeramt Brandenburg. 1788 folgte der Sohn Carl Wilhelm Alexander von Kanitz (1745-1824), der neben dem Majorat Mednicken ab 1791 Podangen, Wickerau, Karneyen, Arnau, Pluttwinnen, Wilknitt mit Lichtenfeld besaß. Wilknitt/Splentienen schlug in diesem Erbgang mit 20.000 Talern Courant zu Buch. Wilknitt und Lichtenfeld wurden als Einheit bewirtschaftet. 1796 veräußerte Carl Wilhelm Alexander Wilknitt und Lichtenfeld an Antoinette Luise Sophie von Kanitz (1775 bis nach 1810), vermutlich anlässlich ihrer Heirat mit Friedrich Bogeslaw von Tippelskirch (gest. vor 1809). Der Kaufpreis für Wilknitt betrug 16.333 Reichstaler und 30 Groschen; die Größe des Gutes wurde mit 22 kölmischen Huben angesetzt, bestehend aus dem Gut selbst, seinem Vorwerk Splentienen, dem in Erbpacht vergebenen Krug, und der in Erbpacht vergebenen Mühle mit zwei kölmischen Huben. Bis zum Kauf von Pellen (1801) dürfte das Ehepaar auf Wilknitt gewohnt haben. Um 1804 besaß der Hauptmann und Hospitaldirektor von Tippelskirch neben Pellen immer noch Wilknitt, das von Verwaltern geleitet wurde. So wirtschaftete hier in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der erfolgreiche Pächter und Amtmann Johann Adam Dorn, der auch Wesselshöfen, Partheinen und Weßlienen pachtete.

 

Bis zum März 1820 konnte die Regulierung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse, bei der die Bauern in Lichtenfeld, das zu Wilknitt gehörte, ihr Land als Eigentum erhielten, abgeschlossen werden.

 

1820 erwarb Kurt von Bardeleben (1796 bis 1854) das Gut nach seinem Abschied aus dem Militärdienst. Er war vom Dezember 1834 bis April 1935 Landrat des Kreises Heiligenbeil und gehörte zugleich seit 1834 den Ospreußischen Provinzialständen an. Er war Mitglied des Ersten und Zweiten Vereinigten Landtages, später wurde er (10.05.1848) Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung und des Preußischen Abgeordnetenhauses (Berlin), legte jedoch sein Frankfurter Mandat bereits im November 1848 nieder. Bardeleben, der zuletzt das Gut Nodems im Samland (Kreis Fischhausen) besaß, dürfte Wilknitt schon 1835 veräußert haben.

 

Der nächste Besitzer war der katholische Peter Matern, der Wilknitt bald wieder verkaufte. Aus den Folgejahren wissen wir, daß 1851 das alte Splentienen als Vorwerk im Osten des Gutes Wilknitt neu gegründet wurde.

 

1855/1858 gehörte Wilknitt dem Gutsbesitzer Claude.

 

1870 wird Hauptmann Ferdinand Freiherr von Esebeck aus Spandau als Miteigentümer genannt.

 

Eine Anmerkung zur Mühle Wilknitt: Wohl bis 1794 war sie im Besitz des Carl Wilhelm Alexander von Kanitz, der auf seinem Gut Podangen saß und die Mühle an einen gewissen Borchert verpachtet hatte. Seit langem war von dort an das Domänenamt Balga ein jährlicher Mühlenzins gezahlt worden. Vom 12.5.1794 bis zur Vertreibung war die Mühle dann im Besitz der Familie Schulz. Erster Besitzer war Johann Schulz, Käufer der Mühle. Letzter Besitzer war Assessor Gustav Schulz (1884-1945); er hatte die Mühle übernommen, weil Bruder Max (1886-1914) gefallen war. Gustav Schulz kam mit Kriegsende bei einem sowjetischen Tiefliegerangriff ums Leben und wurde im Garten der Mühle beerdigt.

Inschrift: Dem Andenken an Fritz von Steegen, 1. F.-C. Herrn auf Wilknitt, 1909
Grundstein im Denkmal an Fritz von Steegen

 

1895 erwarb Oskar von Steegen (1837-1897), preußischer Adel seit 1861, das Gut Wilknitt.

 

Oskar von Steegen war Herr auf Klein Steegen, Kreis Preußisch Eylau, mit Sophienhof, Wilhelmberg und Louisenhof (1895: 1792 Hektar), Schwadtken, Kreis Preußisch Eylau, mit Wiecherts (1895: 465 Hektar), Sienken, Kreis Preußisch Eylau, mit Esdeln (1895: 665 Hektar) und Eichholz, Kreis Heiligenbeil (1895: 838 Hektar).

 

Wilknitt war damals 378 Hektar groß, das Vorwerk Splentienen eingeschlossen.

 

Den Grundstein zum Besitz der Familie hatte Oskar von Steegens Vater Carl-Friedrich Müller gelegt. Über ihn wurde schon berichtet.

 

Friedrich (Fritz) von Steegen (1878-1909), dem jüngerer Sohn des Oskar von Steegen, wurde 1901 Wilknitt übereignet. Oskar hatte das Gut als Fideikommiss gestiftet, somit war Fritz von Steegen erster Fideikommissherr auf Wilknitt.

 

1904 hatte er sich an den Umbau seines Gutshauses Wilknitt gemacht. Er ließ Decke und Dach über dem Mittelteil des Erdgeschosses abnehmen und dort ein massives Hallengewölbe errichten, das auf einer Mittelsäule ruhte und über das Niveau der Etage hinausreichte. Über den Eingangsvorbau beziehungsweise über den halben vorderen Nordostflügel des Gutshauses wurde dann ein zweigeschossiger Turm gesetzt. Über den Turm und das Gutshaus wurde an anderer Stelle berichtet.

 

Fritz erwarb 1905 das Gut Hasselpusch (Kreis Heiligenbeil) als zweiten Besitz. 1895 war Hasselpusch 419 Hektar groß.

 

 Fritz hatte noch nicht geheiratet, als er starb, seine Besitzungen fielen seinem Bruder Oskar Friedrich (1873-1918) zu. Fritz starb an einer Blutvergiftung nach einem Reitunfall. Ihm zum Gedenken errichteten seine Freunde ein rund sechs Meter hohes, obelisk-ähnliches Denkmal aus Feldsteinen an der Unfallstelle auf Wilknitter Grund, das von einem Hügel links der Chaussee die Vorüberfahrenden grüßte, wenn sie von Eichholz nach Mehlsack fuhren.